Berufsunfähigkeitsversicherung muss auch bei Burn-out zahlen

Psychische Leiden werden von vielen Versicherern nicht als Ursache einer Berufsunfähigkeit anerkannt. Doch nicht selten haben auch Kunden mit Depressionen oder Burn-out einen Anspruch auf Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung. Das berichtet das Portal anwalt.de unter Berufung auf ein Urteil des Landgerichts München I. Eine pauschale Aussagekraft hat der Richterspruch aber nicht. Entscheidend sind im Einzelfall immer die jeweiligen Versicherungsbedingungen.

Bekanntermaßen zahlen Berufsunfähigkeitsversicherungsanbieter erst, wenn der Kunde 50 Prozent seiner Arbeitsfähigkeit verloren hat. Ein entsprechender Nachweis fällt bei körperlichen Beschwerden deutlich leichter als bei psychischen Leiden. Die Anerkennung wird bei einem Burn-out zusätzlich dadurch erschwert, dass die Symptome nicht als Krankheit eingestuft werden. Bei dem Zustand der völligen Erschöpfung handelt es sich vielmehr um ein Problem der Lebensbewältigung. Die Folge: Viele Versicherer verweigern bei einem Burn-out die Zahlung. Das ist aber oftmals nicht rechtmäßig. So kann ein Burn-out sehr wohl unter die Definition einer Krankheit fallen, wie sie viele Versicherer festlegen. Denn unter diesen Begriff fallen alle psychischen und physischen Zustände, die so stark vom Normalzustand abweichen, dass sie die Berufsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigen oder gar komplett ausschließen können.

Landgericht München gibt Burn-out Betroffenem Recht

Das belegt der Richterspruch des Landgerichts München I (v. 22.03.2006, Az.: 25 = 19698/03). Zwar liegt das Urteil einige Jahre zurück, jedoch ist es aktuell weiterhin äußerst relevant. Psychische Erkrankungen führen immer häufiger zu einem vorzeitigen Abschied aus dem Arbeitsleben und mittlerweile sogar häufiger verantwortlich als chronische Rückenbeschwerden. In dem konkreten Fall hatte ein selbstständiger Finanzberater vor dem Münchener Landgericht geklagt, weil sein Versicherer ihm die Zahlung verweigerte. Nach mehr als 50 Stunden Arbeit in der Woche und rund 200 bearbeiteten Anrufen pro Arbeitstag fühlte sich der Mann ausgebrannt und litt an einer Persönlichkeitsstörung und Angstzuständen.Ein vom Gericht beauftragter Gutachter stellte schließlich eine 50-prozentige Berufsunfähigkeit fest, die letztendlich den Ausschlag gab, dass der Fall für den Verbraucher entschieden wurde. Weiterhin sprach für den Kläger, dass eine Umorganisation der Arbeit, die es ihm ermöglicht hätte, die Tätigkeit in verringertem Umfang weiterzuführen, ausgeschlossen werden konnte. Auch kam es ihm zu Gute, dass die Krankschreibung über einen dauerhaften Zeitraum von mehr als sechs Monaten attestiert und durch eine ärztliches Gutachten gestützt wurde.

Entscheidung hängt stark von den Unternehmen ab

In anderen Fällen kann die Entscheidung jedoch auch zu Ungusten des Verbrauchers ausfallen. Die allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung haben keine generelle Verbindlichkeit, stattdessen sind die Versicherungsbedingungen des einzelnen Unternehmens ausschlaggebend. Ob der Kunde bei einem Burn-out Zahlungen erhält, ist daher in großem Maße von den Regelungen seines Versicherers abhängig. Insofern ist es umso wichtiger, im Vorfeld durch gezielte Information verbraucherfreundliche Angebote zu erkennen.

Der Gang vor das Gericht ist im Streitfall nicht die einzige Möglichkeit. Das finanzielle Risiko einer Niederlage ist nicht zu unterschätzen. Verbraucherschützer wie die Stiftung Warentest raten daher dazu, zunächst die unabhängige und unverbindliche Schlichtungsstelle Versicherungsombudmann in Anspruch zu nehmen. Für Verbraucher ist dieser Dienst kostenlos und bei einem negativen Entscheid des Experten steht immer noch der Gang vor das Gericht offen. Fällt das Gutachten zugunsten des Kunden aus, kann das Unternehmen nur gerichtlich dagegen vorgehen, wenn die streitbare Summe 10.000 Euro übersteigt.
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